Das Comeback des Jahres!
Die TG Voerde gewinnt beim TV Jahn Siegen mit 89 – 80 nach Verlängerung…und dieses Match wird keiner der Beteiligten so schnell vergessen!
Womit soll man die Geschichte dieses Spiels beginnen? Beim zwischenzeitlichen 24 – Punkte – Rückstand? Bei den drei Disqualifikationen für die Voerder? Bei den fantastischen acht Dreiern (!) von Johannes Spitz? Beim fünften Foul für Lukas Erdhütter und der darauffolgenden Coaching – Meisterleistung des Kapitäns? Oder bei der unglaublichen Atmosphäre, die Team und Fans (!!!) in der Siegener Sporthalle entfachten? Fakt ist, dieser Abend in Siegen ist auch für einen geübten Schreiber nicht leicht in Worte zu fassen… Gehen wir die Ereignisse chronologisch an:
In der ersten Halbzeit rieb sich so mancher verwundert die Augen. Das abstiegsbedrohte Team vom TV Jahn Siegen agierte wie aus einem Guss, traf selbst schwierigste Würfe und spielte die favorisierten Gäste phasenweise an die Wand. Die Voerder wirkten unkonzentriert und fahrig, kamen in der Verteidigung oftmals einen Schritt zu spät und ließen reihenweise leichteste Möglichkeiten zu Korberfolgen liegen (u. a. nur 4 aus 15 Freiwürfe vor dem Seitenwechsel). Umstellungen in der Taktik und Aufstellung brachten keinen sichtbaren Erfolg, einzig Kapitän Lukas Erdhütter scorte kontinuierlich, bevor zwei Dreier von Johannes Spitz und der sehr auffällige, (zu) spät eingewechselte Dominik Grefe für Ergebniskosmetik sorgten. Halbzeitstand: 31 – 53 aus Sicht der Voerder.
„Eigentlich war das Match zu diesem Zeitpunkt gelaufen. Wir haben uns zusammengesetzt und überlegt, wie wir eine vernünftige zweite Halbzeit hinbekommen, aber an einen möglichen Sieg konnten zu diesem Zeitpunkt nur Menschen mit sehr großer Phantasie noch glauben, zu groß war der Leistungsunterschied in der ersten Halbzeit,“ fasst Head – Coach Martin Schrader die Gefühlslage beim Seitenwechsel zusammen.
Immerhin, der Beginn des dritten Viertels sah bereits etwas besser aus. Sechs verschiedene Spieler brachten sich hintereinander aufs Scoreboard und nach dem dritten Dreier von Spitz sowie Treffern von Mo Lindner und Dominik Grefe waren die Gäste in der 28. Minute wenigstens wieder einigermaßen in Schlagdistanz (45 – 61). Dann überschlugen sich die Ereignisse. Nach einer Diskussion über die korrekte oder unkorrekte Ausführung von Freiwürfen wurden nacheinander die beiden Trainer Martin Schrader und Jan-Philipp Buchwald sowie – der in dieser Phase hervorragende – Dominik Grefe von einem der beiden Schiedsrichter disqualifiziert und der Halle verwiesen. Damit waren die Voerder nun nicht nur personell geschwächt, sondern die Siegener bekamen auch noch sieben Freiwürfe zugesprochen. Und jetzt zeigte die Ennepetaler Mannschaft, welch außergewöhnlichen Charakter sie hat! Nach dem fünften Dreier von Johannes Spitz zum 53 – 65 in der 31. Minute hatte das Team endgültig Blut geleckt. Doch der nächste Rückschlag folgte unmittelbar: Kapitän Lukas Erdhütter musste mit seinem fünften Foul das Feld verlassen. Was auf den ersten Blick wie eine Schwächung aussah, erwies sich allerdings im Nachhinein als günstige Fügung. Der Kapitän fungierte fortan als Coach (assistiert von Jannis Wegner) und fand ganz offensichtlich die richtigen Worte und die richtige Aufstellung. Der bis dahin eher unauffällige Leon Fedder explodierte nun offensiv und markierte acht Punkte im letzten Viertel. Johannes Spitz feuerte seine Dreier Nummer sechs und sieben in die Reuse und nach einem weiteren Dreier von Manuel Welp hatte man wieder alles in der eigenen Hand. Leon Fedder war es dann vorbehalten, kurz vor dem Ende zum 76 – 76 auszugleichen – Verlängerung!
Und nun war der Voerder Schnellzug nicht mehr aufzuhalten. Sechs weitere Punkte von Fedder und der achte Dreier von Spitz sorgten für die Entscheidung. Bei dem Versuch, den Lauf der Gäste mit Fouls zu beenden, hatten sich die Siegener zudem das falsche „Opfer“ ausgesucht, denn auch an der Freiwurflinie agierte Johannes Spitz an diesem Tag makellos.
Letztlich hieß es 89 – 80 für die TG Voerde. Das Team feierte dieses unglaubliche Spiel mit Wahnsinnscomeback lautstark und ausgelassen mit den Fans, während sich die drei disqualifizierten Protagonisten vor der Halle in den Armen lagen.
Zurecht ließ man im Anschluss nicht nur „Erfolgscoachkapitän“ Lukas Erdhütter und „Lucky Luke“ Johannes Spitz hochleben, sondern die gesamte Mannschaft, die mit unglaublicher Energie den Gegner in den letzten 25 Minuten der Partie bei nur 27 Punkten gehalten hatte und sich auch von den zwischenzeitlichen fünften Fouls für Fabian Szarmach und Alex Kettler nicht mehr hatte aus der Bahn werfen lassen.
Stimmen zum Spiel:
Johannes Spitz (Topscorer): „Ein solches Match habe ich noch nie erlebt. Einen Rückstand von 24 Punkten zu drehen, ist ein unglaubliches Gefühl. 30 Punkte habe ich zuletzt vor vielen Jahren in Kreisliga gegen Haßlinghausen gemacht.“
Lukas Erdhütter („Coachkapitän“): „Die erste Halbzeit war gar nichts. Siegen hat aber auch sehr gut getroffen. Nach den Disqualifikationen konnte man spüren, dass die Mannschaft das Spiel unbedingt noch drehen wollte. Wir dürfen jetzt zu Recht feiern, aber sollten in der Trainingswoche die Augen vor den Fehlern in der ersten Halbzeit nicht verschließen. Trotzdem bin ich heute stolz auf die Jungs!“
Dominik Grefe: „Ich hätte mich zu meiner Äußerung nicht hinreißen lassen dürfen. Es tut mir leid, dass ich die Mannschaft dadurch geschwächt habe, zumal es in dieser Phase für uns und auch für mich persönlich eigentlich ganz gut lief. Ich bin mega glücklich, dass die Jungs das Ding dann noch gewonnen haben.“
Martin Schrader: „Ich bin so stolz auf diese Mannschaft! Wir wurden vor der Halle via Liveticker mit den Zwischenständen versorgt. Ich wäre natürlich gerne Augenzeuge der Schlussphase gewesen, aber gemeinsam mit Dome und JP vor der Halle zu sitzen und unsere Zuschauer immer wieder jubeln zu hören war auch ein besonderes Erlebnis. Zu den Disqualifikationen selber werde ich mich nicht öffentlich äußern, da das Ganze noch ein laufendes Verfahren ist. Meine letzte Hinausstellung habe ich vor mehr als 25 Jahren kassiert.“
Die Statistik:
TV Jahn Siegen – TG Voerde 80 – 89 n. Verlängerung (28-13/25-18/12-19/11-26/4-13)
Manuel Welp 5/1, Jan Hendrik Szarmach, Fabian Szarmach 3, Dennis Stankowski, Lukas Erdhütter 17/1, Moritz Lindner 6, Alexander Kettler 4, Dominik Grefe 7, Leon Fedder 17, Johannes Spitz 30/8, Marius Rausch.
Foto: Johannes Spitz